Alltag aus – Urlaubsmodus an
Es ist 4:45 Uhr, die Morgendämmerung hat eingesetzt und Google Maps leitet uns über enge Straßen unserem Campingplatz entgegen. Um kurz nach 5 Uhr haben wir unser Ziel erreicht. „Camping Las Dunas“ in Sant Pere Pescador. Natürlich hat die Rezeption noch nicht geöffnet. Es hat ja auch niemand damit gerechnet, dass wir so problemlos durch Frankreich kommen. Auf dem Parkplatz vor dem Campingplatz haben sich zahlreiche Camper aufgereiht, die überwiegend aus Holland kommen. Wir reihen uns ein und versuchen in unbequemen Sitzpositionen ein paar Stunden Schlaf im Caddy nachzuholen. Das gelingt mehr schlecht als recht und gegen kurz nach 8 Uhr wird es zudem unerträglich heiß im Caddy. Eine lange Menschenschlange am Gebäude gegenüber deutet darauf hin, dass die Rezeption inzwischen geöffnet hat. Obwohl wir wissen, dass wir laut Check-In-Bedingungen erst um 15 Uhr auf den Platz dürfen, reihen wir uns einfach mal in die Schlange ein und versuchen unser Glück. Nach einiger Wartezeit hat der nette Mann am Empfang die gute Nachricht für uns: Es ist ein Platz frei und wir können auf den Campingplatz. Große Erleichterung stellt sich ein, denn es wäre mühsam geworden, die Zeit hier in unserem übermüdeten Zustand ohne Anlaufpunkt bis 15 Uhr rum zu bekommen. Wir erledigen also die Formalitäten und wenig später rollen wir im Schritttempo über Camping Las Dunas und finden zielsicher den uns zugewiesenen Platz. Die Stellplätze sind geräumig und durch kleine Hecken voneinander getrennt. Wir sehen sofort, dass wir es hier sehr gut aushalten werden. Bevor wir mit dem Aufbau der Caddy-Burg beginnen, zieht es uns alle erstmal zum Strand. Also stellen wir den Caddy ab und schlängeln uns vorbei an stattlichen Wohnwagen und Campern und erreichen eine sandige Treppe, die hinauf auf die Dünen führt. Als wir oben angekommen sind, liegt es strahlend blau vor uns, das Mittelmeer. Es ist ergreifend die Kinder zu beobachten, wie überwältigt sie von dem Anblick sind. Wie sie einfach nur da stehen und Minuten lang auf das in der Morgensonne glitzernde, azurblaue Meer schauen, ohne etwas zu sagen. Aber dann zieht es uns natürlich Richtung Wasser. Schnell stehen wir alle knietief im angenehm warmen Mittelmeerwasser und lassen den Blick über den Horizont schweifen. Für diesen Moment hat es sich definitiv gelohnt, sich die Nacht auf französischen Autobahnen um die Ohren zu schlagen. Die Kinder wollen gar nicht weg vom Strand und können nur damit geködert werden, dass wir gleich nach dem Frühstück wieder an den Strand zurückkehren, wenn sie uns beim Aufbau helfen. Daher steuern wir nun zielsicher wieder unseren Stellplatz an.
Fast schon routiniert packen wir unsere Sachen aus und bauen die Caddy-Burg auf. Nach ungefähr einer Stunde ist es soweit: Die Kühlbox summt, das Zelt steht, der Campingtisch steht im Schatten und wir schlendern zum campingplatzeigenen Supermarkt, um etwas zum Frühstück zu ergattern. Wir sind völlig beeindruckt, von der Infrastruktur, die „Las Dunas“ zu bieten hat. Jede Menge Sanitär-Gebäude, Tennisplätze, Fußballplätze, einen großen Wasserpark mit unzähligen Rutschen und Pools, jede Menge Bars, kleine und große Shops, eine Arztpraxis, eine Wäscherei und einen riesigen Supermarkt, der größer ist, als alle Supermärkte die wir aus unserem heimischen Dorf in Brandenburg kennen. Diesen steuern wir zielstrebig an. Unsere letzte Mahlzeit im Burger-Restaurant im Markgräfler Land liegt nun ja auch schon fast 14 Stunden zurück. Und es ist ja ohnehin schon gefährlich, wenn man hungrig durch einen Supermarkt läuft. Noch gefährlicher ist es, wenn man hungrig durch so einen spanischen Supermarkt läuft, in dem einen die Leckereien an jeder Ecke nur so anspringen. Und so kaufen wir viel zu viel ein. Wir schleppen jedenfalls eine mega-schwere Einkaufstasche zurück zu unserer Caddy-Burg, die vollgepackt ist mit frisch duftenden Baguette, mit Oliven, mit Serrano-Schinken, mit Melonen aller Art, mit jeder Menge Chorizo, mit Obst und Gemüse, mit Manchego Käse, mit gekühlten Natillas, mit frisch gepresstem Orangensaft, mit spanischen Fanta-Dosen, mit eiskaltem spanischen Bier und mit Meeresfrüchten in Konservendosen. Es ist 10:30 Uhr und das Thermometer zeigt schon 32 Grad an. Durchgeschwitzt erreichen wir die Caddy-Burg und stellen fest, dass unsere Kühlbox natürlich viel zu klein ist, um darin unseren Großeinkauf zu verstauen. Getränke müssen also schnell aufgebraucht werden oder müssen eben warm werden. Wir bereiten uns jedenfalls ein üppiges Frühstück zu. Gut gestärkt durch Bocadillo con queso y con jamon, durch würzige Chorizo und milde Oliven, durch frischen Orangensaft und nicht zuletzt durch den ein oder anderen Cafe con leche fällt kurze Zeit später die erste Anspannung des Ankommens und Aufbauens von uns ab.
Jetzt ist es Zeit, das Versprechen an die Kinder einzulösen. Wir packen also eine große Tasche und machen uns bei sengender Hitze auf den Weg zum Strand. Klar klopft die Vernunft kurz an unser Hirn und fragt nach, ob das wirklich so eine gute Idee ist, in der katalanischen Mittagssonne an den Strand zu gehen, aber der Drang nach Wasser und Sand ist einfach zu groß und so schieben wir die Vernunft erstmal beiseite. Und wenig später sind wir drin im gar nicht mal so kühlen Nass des Mittelmeers. Stundenlang toben wir durch die Wellen und lassen die Zeit vor sich hin treiben. Spätestens jetzt hat sich bei uns allen der „Urlaubsmodus“ eingestellt. Der Stress und der Alltag von zuhause sind ab jetzt im wahrsten Sinne der Wörter tausende Kilometer weit weg. Unbeschwerter Müßiggang. Erst als sich ein kleiner Hunger meldet, zieht es uns zurück vom Strand. Als wir die Dünen überquert haben und uns zwischen den Camping-Stellplätzen wieder finden, bemerken wir erstmal wie glühend heiß es eigentlich ist. Im Wasser und bei der sanften Brise am Strand haben wir die Hitze gar nicht so extrem wahrgenommen. In unserer Caddy-Burg steht die Luft, 40 Grad im Schatten. Großartig Bock, den Campingkocher bei dieser Hitze anzufeuern, hat keiner von uns. Daher fällen wir spontan die Entscheidung, dass wir einen Ausflug an eine der zahlreichen Bars von „Las Dunas“ unternehmen. Wir erobern also ein paar Minuten später einen Tisch an der Bar am großen Pool unter einem riesigen Zeltdach. Es ist mächtig was los. Schwimmbad-Lärm schallt vom Pool herüber, aus den großen Boxen wummert tanzbare Musik, die meisten Tische in der Bar sind besetzt, es gibt eine große Bühne auf der abends ein Animationsprogramm geboten wird und auf einer riesigen Leinwand wird die 17. Etappe der Tour de France von Saint-Gervais Mont-Blanc nach Courchevel übertragen. Jene Etappe, die wir uns laut unserer ursprünglichen Reiseplanung live an der Strecke anschauen wollten. Wir sind froh, dass wir die Etappe nun von einem schattigen Ort an der Costa Brava aus verfolgen können und bereuen es in keiner Weise, dass wir unsere ursprüngliche Reisplanung geändert haben. Und während Jonas Vingegaard auf der Königsetappe in der Hitze des „Col de la Loze“ die Konkurrenz in Grund und Boden fährt, schleppt der wirklich außergewöhnlich schlecht gelaunte Kellner für uns mit angsteinflößender Miene auf „Las Dunas“ Fanta Naranja, eiskaltes Cerveza, Patatas Bravas, Hot-Dogs und Cheesburger heran, was dafür immerhin unsere Laune extrem steigert.
Obwohl wir uns reichlich und immer wieder mit Sonnencreme eingeschmiert haben, bekommen wir die erste Ahnung davon, dass das heute schon ganz schön viel Sonne für unsere Körper war. Nachdem alle Cheesburger, alle Hot-Dogs und alle Patatas aufgegessen sind und sich auf der Leinwand alle Helden der Tour de France ins Ziel geschleppt haben, scheppert eine neuaufgelegte Dance-Version des Pink Floyd Klassikers „Another Brick in the Wall“ aus den Boxentürmen an der Bühne. Unsere Kinder nicken angetan im Takt, die „SoundHound-App“ ermittelt, dass es sich um den Song „Proper Education“ von Eric Prydz handelt und dieses Lied wandert selbstverständlich auf unsere Caddy-Tour-Playlist. Der schlecht gelaunte Kellner streift weiter lustlos an uns vorbei und die Kinder quengeln jetzt, dass sie in den Pool und auf die Wasserrutschen wollen. Mit unserer freundlichsten Ansprache bitten wir den Kellner um „la cuenta por favor“ worauf hin dieser mürrsich an unserem Tisch halt macht. Auch ein völlig übertiebenes Trinkgeld kann die Stimmung beim Kellner in keinster Weise aufhellen. Wir holen unsere Badesachen und werfen uns wenig später ins Getümmel des Aqua Parc auf Las Dunas. Die Nachmittagssonne ballert gnadenlos vom Himmel. Sobald man den Pool verlässt, hat man das Gefühl zu verglühen. Das Thermometer am Pool zeigt 39 Grad. Zahlreiche Badeaufsichten führen ein strenges Regiment vom Beckenrand aus und nachdem unsere Kinder zum dritten Mal unfreundlich mit ohrenbetäubenden Trillerpfeifen zurück gepfiffen werden, verlieren sie die Lust an der Planscherei. Und die Uhrzeiger drehen sich ja auch unbeirrt weiter, es geht stabil auf 19:00 Uhr zu. Wir entledigen uns also unserer Badesachen und suchen diesen mega-geilen Campingplatz-Supermarkt noch einmal auf.
Wir wollen heute das tollkühne Unterfangen wagen, eine Paella Valenciana auf dem Campingkocher und in unseren wenigen Kochtöpfen zubereiten. Wir kaufen im top sortierten Supermarkt also speziellen Paella-Reis ein. Dazu an der überdimensionalen Fischtheke frische Gambas, Tintenfische und Miesmuscheln. Außerdem Hühnchen-Unterschenkel, Gemüse und Colorante-Alimentario-Gewürz. Wenig später sitzt die ganze Familie am Camping-Tisch und schneidet die Zutaten zurecht. Wir sind völlig überrascht, dass die Kinder freiwillig, ohne Aufforderung und wirklich begeistert beim Kochen mithelfen. Das machen sie zuhause eigentlich nie. Was in so einem Urlaub alles passieren kann…
Wir braten jedenfalls Zwiebeln und Knoblauch an, fügen fein geschnittene Chorizo und die Hühnerschenkel bei, lassen den Reis kurz mit anschwitzen, fügen klein geschnittenen rote Paprika bei und gießen das Ganze dann mit Brühe und einem ordentlichen Spritzer Zitronensaft auf. Nun lassen wir alles vor sich hin köcheln, ehe wir die Gambas, die Miesmuscheln und Tiefkühlerbsen hinzu geben. Kurz vor ultimo noch für ne Minute die Tintenfischringe dazu, da sie sonst zäh werden. Wir würzen noch mal etwas mit Pfeffer und Salz und haben wenig später eine Mega-Paella im Suppentopf hergestellt. Nun würden die Einwohner von Villarriba und Villabajo wegen der Optik unserer Kochtopf-Paella vermutlich die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Aber geschmacklich braucht sich unsere Paella nicht zu verstecken, hinter den in so mancher Touri-Falle in der Umgebung angebotenen Peallas aus der Pfanne. Wir sind jedenfalls hoch zufrieden und lassen das Abendessen mit einem Glas Müller-Thurgau ausklingen, den wir noch vom Kaiserstuhl in der Kühlbox hatten. Nachdem wir den – heute sehr umfangreichen – Abwasch am nahen Sanitär-Gebäude (selbstverständlich mit dem Spülmittel, welches man auch in Villariba verwendet), erledigt haben, kommt die Idee auf, dass wir alle noch mal zum Strand gehen. Wir sind überrascht, dass sich auch die Kinder ohne Widerrede sofort vom Tablett und der Switch trennen und bereitwillig mitkommen. Wenig später sitzen wir auf großen Strandtüchern und blicken auf das abendliche Mittelmeer. Die Sonne ist bereits hinter den Hügeln von L’Escala versunken und die Brandung hat sich beruhigt. Der Strand ist fast menschenleer, nur ein paar Angler versuchen ihr Glück. Eine angenehme Duft-Mischung aus Grillgeruch, Sonnencreme, angebratenem Knoblauch und sonstigen Essensgerüchen zieht vom Campingplatz herüber. Ein paar kleine Fischerboote tuckern über das fast spiegelglatte Meer. Herrliche Abendstimmung. Als unsere Kinder ungefragt sagen, dass es hier wirklich schön ist, sind wir fast schon gerührt und wissen, dass sich der Aufwand der weiten Strecke gelohnt hat. Wir sind endgültig im Urlaub angekommen und dankbar für diese Momente.
In der Nacht bemerken wir, dass wir uns tags zuvor den Sonnenbrand unseres Lebens eingefangen haben. Egal auf welche Seite man sich wälzt, es tut einfach weh. Vor allem die Schultern sind umfangreich verbrannt. Auch die am nächsten Morgen eilig besorgte Aprés-Sun bringt keine Linderung. Wir kaufen uns also einen Sonnenschirm für den Strand, besorgen zudem eine Sonnencreme mit Lichtschutzfaktor 50+ und hoffen so, den Tag zu überstehen. Mit diesen Erfahrungswerten, ziehen wir uns heute geläutert in der größten Mittags-Hitze auf die Caddy-Burg zurück. Wir haben uns am Morgen in dem super sortierten Camping-Shop auf Las Dunas noch zwei Teleskop-Zeltstangen besorgt und können nun endlich unser Sonnensegel so aufhängen, dass es auch wirklich Schatten spendet. Wir tun es also den Einheimischen gleich und verbringen die Zeit zwischen 13:00 und 16:30 Uhr bei einer ausgiebigen Siesta im Schatten. Die Kinder daddeln auf der Switch vor sich hin oder schauen die neuesten „Checker Tobi“ Folgen auf dem Tablett. Wir haben auf der Bluetooth-Box den Sender „ABC-Lounge-Radio“ eingestellt und so chillen wir bei eiskalten Getränken unsere Basis. Gegen 17 Uhr schlendern wir an die Pool-Bar, da wir natürlich auch heute das Finale der Tour de France Etappe beim dortigen Public Viewing verfolgen wollen. Und nachdem der Däne Kasper Asgreen den verbliebenen Top-Sprintern im Feld ein Schnippchen geschlagen hat und sich den Etappensieg in Bourg-en-Bresse gesichert hat, bestellen wir noch eine Runde eiskalter Getränke bei einem heute gar nicht mal so schlecht gelaunten Kellner. Das Public Viewing ist inzwischen beendet und aus den Boxentürmen schallt „My Head is a Jungle“ und dieses Lied landet dann folgerichtig auf unserer Caddy-Tour-Playlist. Im Anschluss kaufen wir fürs Abendessen ein. Heute soll es Pasta mit Muscheln geben. Die ganze Familie hilft wieder mit und wenig später haben wir ein Deluxe-Abendessen auf dem Camping-Tisch stehen. Da es immer noch heiß ist, beschließen wir noch einmal baden zu gehen am Strand. Wir packen also noch einmal die große Strandtasche und stürzen uns kurz darauf ins Mittelmeer. Die Sonne steht tief und lässt die Wellen im Abendlicht glitzern. Der Strand leert sich zunehmend und wir haben für Mittelmeer-Verhältnisse heute eine stabile Brandung. Die Sonne senkt sich und lässt die Palmen von Las Dunas wie die Silhouette auf einer kitschigen Fototapete erscheinen. Ein sanfter Abendwind weht über den Strand während wir uns weiter in den glänzenden Wellen tummeln. Unweigerlich kommt einem der 80er Jahre-Klassiker „Wonderful Life“ von Black in den Sinn: „Here I go out to sea again, the sunshine fills my hair, and dreams hang in the air…” Der nächste Song also, für unsere Caddy-Tour-Playlist. Aber weil es mehr Bumms und dafür weniger 80er-Kitsch hat, entscheiden wir uns für die Cover-Version von Seeed auf unserer Playlist.
Wir verleben wunderschöne Tage auf Las Dunas, die sich im Ablauf alle ähneln. Wir pendeln zwischen Strand, Caddy-Burg, Bar und Supermarkt hin und her, meiden ab jetzt konsequent die Mittagssonne, zelebrieren die Siesta, ziehen dafür die Abende in die Länge. Wir bereiten beeindruckende Mahlzeiten auf unserem kleinen Campingkocher zu und erfreuen uns an dem mediterranen Angebot im Supermarkt. Unseren Alltag zuhause haben wir inzwischen längst hinter uns gelassen und sind in einem wunderbar fließendem Entspannungsmodus angekommen. Und so kommt durchaus Wehmut auf, als wir einige Tage später in den frühen Morgenstunden unsere Caddy-Burg abbrechen. Kind 2 kann ein paar Tränen zum Abschied von Las Dunas nicht unterdrücken und auch alle anderen sind ein bisschen traurig, diesen wunderbaren Ort zu verlassen. Es ist irgendwie auch wieder ein Verlassen der Komfortzone, die wir hier vorgefunden haben. Aber wir ahnen, dass am anderen Ende der Straße noch viele wunderbare Orte und Abenteuer auf uns warten, die aller erlebt werden wollen. Daher rollt der Caddy in den frühen Stunden eines Samstagmorgens von Las Dunas und steuert entschlossen in Richtung Autobahn.




















Hinterlasse einen Kommentar