Einmal quer durch Frankreich bitte!
Inzwischen ist die Sonne versunken und es ist Nacht geworden im Nordosten Frankreichs. Die erste Stunde läuft noch ein Bibi Blocksberg Hörspiel über die Caddy-Box ehe es allmählich ruhig wird im Auto. Wir machen ordentlich Meter auf der wenig befahrenen A 36 und passieren Besançon. Wir ziehen ein kurzes Zwischenfazit unsere bisherigen Tour und sind selber überrascht, wie sehr uns diese Art des Reisens bislang gefällt. Wie gesagt: Wir waren alle lange raus aus diesem Camping-Game. Und so eine Road-Trip, wie wir ihn vorhaben, hat von uns auch noch nie jemand gemacht. Schon gar nicht mit Kindern. Wir haben aber inzwischen die Überzeugung gewonnen, dass man ein feines Gespür für eine gute Balance auf so einer Reise entwickeln muss. Das bedeutet, dass man ein gutes Maß zwischen „Strecke-Machen“ und „Verweilen“ finden muss. Da man einerseits viel erleben will und möglichst viele Orte sehen möchte, und man andererseits die Tour aber auch nicht überfrachten darf. Und Ruhe- und Erholungsphasen braucht. Daher haben wir nach einigem Abwägen unseren ursprünglichen Plan angepasst. Eigentlich wollten wir jetzt in die französischen Alpen weiter fahren, um eine Etappe der diesjährigen Tour de France live an der Strecke verfolgen zu können. Bei genauerer Planung haben wir aber festgestellt, dass dieses Unterfangen für unsere Reise vermutlich mehr Stress als alles andere bedeutet hätte. Und da ist so eine Reise vielleicht auch eine gute Schule für das Leben im allgemeinen: Man muss auch mal Pläne anpassen und vor allem auch verwerfen können. Nicht auf Gedeih und Verderb an ihnen festhalten, sondern im Kopf flexibel bleiben und Mut zur Lücke haben. Und somit haben wir uns dafür entschieden, den Kindheitstraum von der Tour de France live an der Strecke auf ein anderes Mal zu verschieben. Stattdessen wollen wir nun die Nacht durch Frankreich rollen und am Morgen an einem sonnigen Mittelmeerstrand in Nord-Spanien sein.
Auf den Fahrstil der Franzosen müssen wir uns in den ersten Stunden zunächst noch ein wenig einstellen, aber im Großen und Ganzen kommen wir wunderbar voran. Bei Dijon wechselt die Fahrtrichtung und es geht nun straight Richtung Süden. Immer mal wieder müssen wir stattliche Beträge an Mautstationen entrichten. Gegen 1:30 Uhr erinnern wir uns an Tommi aus Berlin, der uns vor ein paar Tagen auf dem Campingplatz Jurahöhe in der Fränkischen Schweiz mit sorgenvoller Miene vor dem gefürchteten „Kessel von Lyon“ gewarnt hatte. Wir bekommen nun eine Vorstellung davon, was Tommi meinte. Kurz vor Lyon kündigen Schilder das Ende der Autobahn an. Dies verwundert uns. Noch mehr verwundert uns, dass nach dem Ende der Autobahn mehrere Ampeln kommen, an denen wir scheinbar grundlos mehrere Minuten in Rot-Phasen warten müssen. Danach geht es auf einer engen, kurvigen Kraftstraße weiter. Tempolimit ist laut Beschilderung bei 60 km/h festgelegt, die Navi-App warnt vor zahlreichen „festen Blitzern“ und wir passieren riesige Gewerbegebiete und Einkaufs-Parks. Werbung von Carrefour, Decathlon, B&B Hotels und Lidl leuchtet grell durch die Nacht. Irgendwann erreichen wir das Ufer der Rhône und nun geht es noch kurvenreicher mitten durch die Innenstadt von Lyon. Immer am Fluss entlang überqueren wir die Rhône mehrmals auf riesigen Brücken von der einen zur anderen Ufer-Seite. Ein spektakulärer Ritt, der vermutlich im Berufsverkehr zum Höllen-Ritt werden kann. Daher verstehen wir nun, was Tommi neulich in der Fränkischen Schweiz mit dem „Gefürchteten Kessel von Lyon“ meinte. Nach ca. einer halben Stunde erreichen wir die Peripherie und die grellen Stadtlichter nehmen ab. Wir tauchen allmählich wieder in das Dunkel der Nacht ein. Was uns wirklich überrascht, dass das Caddy-Thermometer immer noch stattliche 28 Grad Außentemperatur anzeigt und das alles um 2:30 Uhr in der Nacht. Einige Zeit später entscheiden wir uns zu einem Fahrerwechsel und dann rollt der Caddy auch schon weiter durch diese tropische Nacht in Richtung Provence. Bislang noch nicht gehörte Podcast-Folgen von „Fest & Flauschig“ und „Bonnies Ranch“ halten uns bei Laune und vor allem wach. Tommi Wosch redet von Erobique und so wandert „Wann strahlst du?“ von Erobique und Jacques Palminger auf die Caddy-Tour Playliste.
Ausfahrtsmarkierungen weisen auf Städte wie Valence und Orange hin, wenig später auf Avignon. Zahlreiche Verkehrsschilder warnen entlang der Autobahn in allen möglichen Sprachen vor tückischen Windeinflüssen, vor allem für Campingfahrzeuge. Das muss dieser gefürchtete Mistral sein. Wir verlassen das Tal der Rhône und rollen nun in südwestliche Richtung weiter, passieren Nîmes. Kurz vor Montpellier weißt uns der Caddy mit der entsprechenden Leuchte darauf hin, dass der Tank leer ist und der Caddy Durst hat. Verständlich in dieser tropischen Nacht. Wir steuern zielsicher eine Tankstelle an und kommen sogar relativ problemlos mit dem Prinzip der Kartenvorauszahlung am französischen Tankautomaten klar. Der Benzinpreis ist bemerkenswert, aber bevor wir irgendwo abfahren müssen und nach langer Tankstellensuche ein paar Euro sparen, beißen wir lieber hier in den sauren Apfel. Mit vollem Tank und mit Clueso-Playliste auf dem Ohr geht es in den frühen Morgenstunden weiter in Richtung Narbonne, wir überqueren den Canal du Midi und steuern weiter in Richtung Südwesten. Hinter Perpignan nimmt uns der Automat an der Mautstation zum Abschied aus Frankreich noch mal einen glatten Fuffi ab. Und kurz darauf passieren wir die Spanische Grenze: Hola Espana!




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