Obwohl wir aktiv nachgefragt haben, konnte uns niemand in Portugal erklären, wie das mit den Autobahngebühren funktioniert. Die einhellige Antwort, die wir erhielten, war: „Fahrt einfach und denkt nicht nach.“ Und so machen wir es. Es ist wenig los auf der Strecke und so machen wir kontinuierlich Meter. Irgendwann kurz vor Lissabon erreichen wir dann doch eine handelsübliche Mautstation, an der wir die Gebühr per Karte entrichten können. Nachdem die Besiedlung entlang der Autobahn deutlich zu genommen hat und wir große Industriegebiete durchfahren haben, türmt sich am Horizont eine gigantische Brücke auf. Wir haben also die Ponte Vasco da Gama erreicht. Jene riesige Brücke, die auf über 17 km Länge über den Tejo führt. Vor der Brücke müssen wir noch einmal Maut entrichten und als wir über dem Wasser fahren, bemerken wir, welch heftiger Wind über die Brücke pfeift. Wir haben daher alle Hände voll damit zu tun, den Caddy in der Spur zu halten und ihn gegen die tückischen Seitenwind-Böen anzusteuern. Daher können wir die kolossale Aussicht von der Brücke nur bedingt genießen. Es nimmt einige Minuten in Anspruch, bis wir den Tejo überquert haben. Als wir von der Brücke rollen, fällt uns auf der rechten Seite auf einer Freifläche eine riesige Bühne auf, um die herum provisorische Zuschauertribünen aufgestellt sind. Die Straße folgt nun dem Tejo in westlicher Richtung. Die Verkehrsdichte nimmt merklich zu aber der Caddy kämpft sich eifrig vorwärts. Links sind nun haushohe Kreuzfahrtschiffe an der Kaimauer des Tejo festgemacht. Wir steuern weiter stabil auf die Innenstadt zu. Was uns auffällt, sind riesige Menschengruppen, die gemeinsam unterwegs sind. Einige tragen Landesflaggen bei sich. Wir überlegen, ob die Fußball WM kurzfristig in Lissabon ausgetragen wird, können dies aber eigentlich ausschließen. Je näher wir dem Stadtzentrum kommen, umso mehr dieser Gruppen sind unterwegs. Mexikanische Flaggen hier, französische dort. Dazu Brasilianer, Argentinier, Australier und US-Amerikaner. Einige Gruppen tragen große Holzkreuze mit sich. Langsam dämmert uns etwas: Die große Bühne an der Brücke, die Menschengruppen aus aller Welt und die Holzkreuze… Kann es sein, dass der Papst in der Stadt ist? Wir zücken hektisch das Mobiltelefon und bemühen Google. Und tatsächlich: In diesen Tagen findet der katholische Weltjugendtag in Lissabon Stadt. Und ausgerechnet heute und morgen ist Papst Franziskus in der Stadt. Da wir seit Wochen im Urlaubsmodus sind und uns wenig mit aktuellen Nachrichten und dem Weltgeschehen befasst haben, ist uns diese Nachricht natürlich durchgerutscht. Na das kann ja was werden. Kind 2 meldet von der Rückbank: „Da ist man einmal in seinem Leben in Lissabon und dann ist der Papst auch da.“ Wir müssen lachen und uns fällt die Textzeile vom Westernhagens Song „Freiheit“ ein, in der er singt: „Und der Papst war auch schon da, und mein Nachbar vorneweg…“
Wir kämpfen uns mit dem Caddy weiter mutig durch diesen ganzen Trubel. Irgendwann stehen wir vor dem Cristiano Ronaldo Hotel aber wir bemerken, dass das mit dem Parken schwierig wird. Wir halten kurz in einer Verbotszone und fragen an der Hotel-Rezeption. Dort wird uns mitgeteilt, dass es keine Hotel eigenen Parkmöglichkeiten gibt. Auf die Frage, ob es eine Idee gibt, wo wir parken können, wischt sich der Mitarbeiter an der Rezeption müde den Schweiß von der Stirn und sagt nur: „It’s absolute chaos out there because of the Pope. The only thing I can do, is wish you good luck.” Wir verstehen. Ernüchtert kehren wir zum Caddy zurück. “Good luck” können wir jetzt wirklich gebrauchen. Google Maps führt uns zu einem unterirdischen Parkhaus, in das wir den Caddy über eine kreiselnde Einfahrt beherzt hinab steuern. Als wir an der Schranke stehen, wird uns schlagartig klar, dass wir mit unserer Dachbox die Einfahrthöhe deutlich überschreiten. Jetzt haben wir Puls: Hinter uns hat sich eine Autoschlange gebildet und wir können nicht vor und nicht zurück. Über den Notrufknopf an der Schranke ist niemand erreichbar. Wir können also nur rückwärts aus dem Parkhaus wieder nach oben kreiseln. Dafür müssen aber erstmal alle Autos hinter uns das gleiche tun. Das ist plötzlich eine absolute Stresssituation. Aber uns bleibt nichts anderes übrig, als ruhig zu bleiben und die hinter uns stehenden Fahrzeuge freundlich auf unser Problem aufmerksam zu machen. Wir wissen, dass so eine Situation in einem deutschen Parkhaus für großen Unmut gesorgt hätte. Die Leute in Lissabon bleiben aber erstaunlich gelassen und setzen alle die steile Einfahrt zurück. Irgendwann haben wir auch den Caddy unter größter Anspannung aus der misslichen Lage befreit und sind wieder oben auf der Straße. Eine Situation, über die man später herzlich lachen wird, aber die echt unangenehm ist, wenn man gerade drinsteckt. Jetzt haben wir zwar das drängendste Problem gelöst, aber immer noch keinen Parkplatz. Wir kreiseln also weiter durch die engen Gassen der Lissaboner Altstadt. Die Papstfreunde aus aller Welt sind so zahlreich, dass sie in ihren Gruppen teilweise die ganze Straße einnehmen. Wir stecken also fest, zwischen all den Pilgern und müssen zusätzlich noch den vielen Straßenbahnen ausweichen. Irgendwann treten schwer bewaffnete Polizisten an unseren Caddy und fordern uns auf, rechts ranzufahren. Die Polizisten sperren hektisch die ganze Straße ab und kurz darauf jagen drei schwarze Limousinen in einem Polizeikonvoi an uns vorbei über das holprige Pflaster. Die Kinder fragen „War das der Papst?“ und wir zucken nur mit den Schultern. Schweißgebadet sitzen wir im Caddy und fragen uns kopfschüttelnd, wie das nun weiter gehen soll. Als wir uns umblicken, bemerken wir, dass uns die Polizei hier auf einen gekennzeichneten Parkplatz geschickt hat. Es gibt auch einen Parkscheinautomat. Google Maps ermittelt, dass es von hieraus 10 Minuten Fußweg zum CR7-Hotel sind. Wir steigen aus und fragen einen dieser schwerbewaffneten Polizisten vorsichtig, ob wir hier parken dürfen. Die strenge Antwort lautet: „You can park here. But don’t drive anywhere. We’re closing the street every hour from now because of the Pope.” Mit dieser Aussage könne wir leben. Wir entschließen uns also, die nötigsten Sachen zu packen und zu Fuß zum CR7-Hotel zu laufen. Wir erwerben über die Park Now App noch schnell eine geradezu unverschämt teure Parkberechtigung. Aber das ist uns jetzt auch egal. Und dann geht es zu Fuß steile Straßen hinunter und wenig später wieder steile Straßen hinauf. Wir kämpfen uns durch die Massen an Papstfreunden und stehen irgendwann tatsächlich vor dem CR7-Hotel. Mit letzter Kraft checken wir ein und lassen uns kurz darauf erstmal in die weichen Betten des Pestana CR7 Hotel Lisboa fallen.
Was für ein Auftakt hier in Portugals Hauptstadt!









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